Aktuelles aus dem Bundestag: Wir vergessen nicht, was geschah

Vor 75 Jahren befreiten sowjetische Soldaten das Vernichtungslager Auschwitz. Hier ermordeten die Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1945 mehr als eine Million Menschen. Seit 1996 gedenkt Deutschland am 27. Januar offiziell der Opfer des Nationalsozialismus. In zahlreichen Städten wird mit Gedenkveranstaltungen an die Millionen Menschen erinnert, die unter der nationalsozialistischen  Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt und ermordet wurden.

Auch der Bundestag gedachte am Mittwoch in einer Feierstunde der Opfer des Nationalsozialismus. Als Ehrengast sprach der israelische Präsident Reuven Rivlin, der in seiner Rede vor allem Deutschland, aber auch ganz Europa in die Pflicht nahm. Der Kontinent werde heute von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht. Nationalismus, Fremdenhass und Antisemitismus schwebten über ganz Europa. Deutschland habe hierbei eine besondere Verantwortung. Dasselbe Land, das durch den Nationalsozialismus zum Schrecken der Welt geworden sei, sei heute ein „Leuchtturm“ für den Schutz liberaler Werte. Wenn Juden dort heute nicht frei leben könnten, könnten sie es auch nicht woanders auf der Welt. „Wir dürfen nicht aufgeben. Wir dürfen nicht nachlassen. Deutschland darf hier nicht versagen“, sagte Rivlin.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beklagte, dass das „Gift des Nationalismus“ wieder in Debatten einsickere. „Wir dachten, der alte Ungeist würde mit der Zeit vergehen. Aber nein: Die bösen Geister der Vergangenheit zeigen sich heute in neuem Gewand.“ Deshalb dürfen wir nicht vergessen, was geschehen ist und was geschehen kann. Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat als Umkehrung des völkischen Denkens müsse hoch gehalten werden. „Er stellt die Menschenwürde jedes Einzelnen ins Zentrum. Wer also erinnern will, wer das Andenken der Opfer ehren will, der muss Demokratie und Rechtsstaat schützen, wo immer sie in Frage gestellt werden!“

Rivlins und Steinmeiers Reden mahnen uns, dass wir immer wieder an die Geschehnisse der Vergangenheit erinnern müssen – zumal in einer Zeit, in der die Erinnerung verblasst und häufig die Forderung nach einem Schlussstrich unter die jüngere deutsche Vergangenheit erhoben wird.