
„Der Mindestlohn ist ein arbeitsmarktpolitischer Meilenstein. Seit einem Jahr profitieren rund 3,6 Millionen Menschen von der gesetzlichen Lohnuntergrenze. Laut Statistischem Bundesamt kommt der Mindestlohn genau dort an, wo die Löhne am niedrigsten waren: bei Ungelernten, Beschäftigten in Dienstleistungsbranchen und in Ostdeutschland. Bundesweit konnten Ungelernte im Schnitt ein Lohn-Plus von 3,3 Prozent verbuchen, in den ostdeutschen Bundesländern sogar neun Prozent. Im Gastgewerbe stiegen die Löhne Ungelernter im Schnitt um sechs Prozent, im Osten für weibliche Beschäftigte in der Gastronomie um 19,5 Prozent, im Handel um 2,7 Prozent."
Der Mindestlohn gefährdet keine Arbeitsplätze, so SPD-Experte Teubert weiter. Die herbeiphantasierten Prognosen von Arbeitgebern und einigen Wirtschaftsforschungsinsituten sind nicht wahr geworden. Im Gegenteil: Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm um fast 688.000 Stellen zu – ein Plus von 2,2 Prozent. Ein Teil davon geht auf die Umwandlung von Minijobs in reguläre (Teilzeit)-Stellen zurück. Bis September sank die Zahl derjenigen, die ausschließlich geringfügig beschäftigt sind, um 3,9 Prozent (Ostdeutschland: 7%). Auch das ist ein gutes Signal für den Arbeitsmarkt. Der Mindestlohn trägt zum Aufbau regulärer Beschäftigung bei, statt die Zahl der Minijobs weiter steigen zu lassen.
Engmaschige Kontrollen des Mindestlohngesetzes durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) bleiben weiter erforderlich, betonte Gewerkschafter und Sozialdemokrat Teubert Eine Voraussetzung ist die Dokumentation der Arbeitszeiten. Leider wurde diese Vorschrift schon mehrmals durch Verordnungen aufgeweicht, weil Vertreter der Unionsparteien und der Wirtschaft eine Selbstverständlichkeit zum ‚Bürokratiemonster‘ aufgebauscht hatten. Eine zweite Voraussetzung für wirksame Kontrollen ist auch im Jahr 2016 mehr Personal für die FKS.
Auch im Jahr 2 nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns bleibt für SPD-Arbeitnehmerschaft und Gewerkschaften der Abschluss von Tarifverträgen das oberste Ziel, denn Tarifverträge regeln viel mehr als die Höhe des Lohns. Aber mit dem Mindestlohn ist eine Anstandsgrenze nach unten eingezogen worden. Oberhalb dieser Grenze kann sich die Tarifautonomie auch künftig entfalten.
Im Sommer 2016 wird die Mindestlohnkommission eine Empfehlung für die Erhöhung des Mindestlohns geben. Als Grundlage werden sowohl die Entwicklung der Tariflöhne als auch eine umfassende Evaluierung des Mindestlohns dienen. Aber schon heute ist für Dietmar Teubert klar: "Die Arbeitnehmerseite wird keine Ausreden akzeptieren, mit denen der Mindestlohn eingefroren, für Flüchtlinge ausgesetzt oder abgesenkt und durch staatliche Mittel aufgestockt werden soll.“