Mehr Zusammenhalt mit Mindestlohn

Wer Vollzeit arbeitet, sollte davon auch leben können. Doch was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist leider keine. Im Landkreis Verden sind 1.720 von den 5.567 erwerbsfähigen Hartz IV-Empfängern Arbeitnehmer, also knapp ein Drittel der Hartz-IV-Empfänger. Weil das Erwerbseinkommen jedoch nicht reicht, um über die Runden zu kommen, müssen sie ihren Lohn mit Hartz-IV aufstocken. Betroffen sind Voll- wie Teilzeitbeschäftigte.

Dr. Dörte Liebetruth ist SPD-Landtagskandidatin für den Wahlkreis Verden/Achim.

In unserem Land wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer: Der Anteil der Unternehmensgewinne und Kapitaleinkünfte an der Wirtschaftsleistung, hohe Einkommen sowie die Zahl der Einkommensmillionäre wuchsen in den vergangenen Jahren stetig. Dagegen sind die Löhne in den unteren Gehaltsgruppen preisbereinigt gesunken. Unsichere Beschäftigungsverhältnisse und Mini-Jobs sind heute weit verbreitet, vor allem unter gering qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat Recht: Das Auseinanderdriften der Einkommens- und Vermögensverteilung sowie die Spaltung des Arbeitsmarktes gefährden die Stabilität unserer demokratischen Gesellschaft. Wir müssen diese Entwicklungen sehr ernst nehmen und gegensteuern!

Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde. Damit bekommen endlich alle Beschäftigten die wirtschaftliche Sicherheit, die sie verdienen. Arbeit muss sich lohnen und gerecht bezahlt werden. Das stärkt unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gleichzeitig entlastet der Mindestlohn die Steuerzahler, weil mehr Menschen auf eigenen Beinen stehen können und keine ergänzenden Hartz-IV-Leistungen mehr benötigen. Knapp 14 Mio. Euro zahlte der Landkreis Verden 2011 für Unterkunft und Heizkosten von Hartz-IV-Empfängern; das ist der größte Haushaltstitel des Landkreises.

Mit dem Mindestlohn werden zahlreiche Vollzeit-Arbeitnehmer, die bisher nicht alleine für ihre Wohn- und Heizkosten aufkommen konnten, nicht mehr auf diese Zuschüsse angewiesen sein. Unser Landkreis würde daher deutlich finanziell entlastet, wenn es mit einer starken SPD ab 2013 in Bundesrat und Bundestag endlich Mehrheiten für den Mindestlohn gibt.

Während CDU und FDP in Niedersachsen den Mindestlohn verhindern, geht das rot-grün regierte Bremen mit gutem Beispiel voran und verabschiedet ein Landesmindestlohngesetz: Danach müssen alle Beschäftigten immer mindestens einen Stundenlohn von 8,50 Euro erhalten, wenn Land oder Kommunen als Auftrag- oder Arbeitgeber handeln oder wenn Fördermittel an einen Arbeitgeber fließen. Niedersachsen sollte dem guten Bremer Beispiel folgen, um Lohndumping zu verhindern.

Neben dem Mindestlohn brauchen wir weiterhin starke Gewerkschaften, die in Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite höhere Tarife durchsetzen. Die Beschäftigten müssen am Erfolg des Unternehmens teilhaben können, für das sie arbeiten. Wer heute ordentlich verdient, tut damit etwas für seine eigene Rente – und für unser Rentensystem insgesamt. Über die Rentenkassen würde der Mindestlohn die beitragzahlenden mittleren Einkommen entlasten. Der Mindestlohn geht uns alle an. Er ist ein wichtiger Schritt, um unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt wieder zu stärken.

Dr. Dörte Liebetruth im "Verdener Gespräch"