
Verfechter der heutigen Ellenbogengesellschaft („Wenn jeder an sich denkt, ist für alle gesorgt“) erwarten, dass jeder und jede ständig funktioniert. Menschen mit Behinderungen können dieser Erwartung manchmal nicht gerecht werden. Ist jemand zum Beispiel auf einen Rollstuhl angewiesen, erweist sich die Arbeitsplatzsuche oft als recht schwierig und Ausgrenzung ist spürbar. Rollstuhlgerechte Arbeitsplätze sind keine Selbstverständlichkeit.
Durch meine behinderten Schwestern Imke und Nadine durfte ich persönlich erfahren, wie bereichernd das Miteinander auf Augenhöhe ist. Mehr als einmal haben sie mich an das erinnert, was im Leben wirklich wichtig ist. Dafür bin ich Imke und Nadine sehr dankbar. Meine Schwester Imke wohnt in der "Tragenden Gemeinschaft" in Schafwinkel in der Gemeinde Kirchlinteln und engagiert sich dort im Betreutenbeirat selbst für "Inklusion", das selbstverständliche Zusammenleben aller Menschen von Anfang an, ob mit oder ohne Behinderung in allen Lebensbereichen.
Wo sich Menschen mit und ohne Behinderungen kaum begegnen, entsteht ein Nährboden für Berührungsängste und Vorurteile; ähnliches gilt, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen nur nebeneinander her leben. Aufgabe der Politik auf allen Ebenen ist es, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass sich Menschen mit und ohne Behinderungen im Alltag ganz selbstverständlich begegnen. Der parteiübergreifend gefasste Landtagsbeschluss, Inklusion ab dem Schuljahr 2013/14 an allen niedersächsischen Grundschulen Wirklichkeit werden zu lassen, ist deswegen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der Landkreis Verden hat hier für die Kindertagesstätten und Schulen bereits regionale Konzepte vorzuweisen. Seit mehr als 20 Jahren gibt es bei uns Integrationsklassen. Für die SPD ist allerdings klar: Inklusion darf kein Sparmodell sein. Echte Inklusion gibt es nur, wenn man nicht nur Menschen mit "pflegeleichten" Behinderungen verstärkt einbezieht sondern auch schwerer behinderte Menschen. Das kostet Geld. Und mit diesen Kosten darf das Land die Kommunen nicht weiter alleine lassen. Angesichts der knappen kommunalen Kassen könnten noch bestehende Barrieren auf dem Weg zu inklusiven Bildungseinrichtungen sonst nur schwer abgebaut werden. Da das Land die Schulen vor Ort zur Inklusion verpflichtet, muss es die Schulträger auch in die Lage versetzen, dieser neuen Vorgabe nachzukommen. So müssen beispielsweise alle Schulen, die noch nicht barrierefrei sind, umgebaut werden.
Das selbstverständliche Miteinander behinderter und nicht-behinderter Menschen sollte sich aber nicht auf den Bildungsbereich beschränken: Wie wäre es, wenn Sie am 6. Oktober einfach mal das inklusive "Hallo Verden"-Rockfestival der Lebenshilfe in der Verdener Stadthalle miterleben? Oder mal zu Kaffee und Kuchen im "Café im Clüverhaus" in Achim vorbeischauen, das zu den Waldheim Werkstätten gehört? Dort werden Sie Menschen mit und ohne Behinderungen willkommen heißen – alle inklusive!