Auf Augenhöhe – 60 Jahre Betriebsverfassungsgesetz

Anlässlich des 60. Jahrestages der Verabschiedung des ersten Betriebsverfassungsgesetzes im Deutschen Bundestag, erklärte der Kreisvorsitzende der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) und Kreisvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Verden/Rotenburg, Dietmar Teubert:

Dietmar Teubert ist Kreisvorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA).

"Viele Menschen engagieren sich täglich vor Ort als Betriebsräte für die Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen. Betriebsräte helfen und unterstützen in vielen konkreten Fragen und Problemen. Sie sind Ansprechpartner und Vertrauenspersonen. Sie sorgen für sozialen Ausgleich. Gerade in Krisensituationen übernehmen Betriebsräte aber auch zunehmend Managementaufgaben. Das ist oft genug ein undankbares Geschäft. Immer wieder sind Betriebsräte Repressalien von Geschäftsleitungen ausgesetzt. Auch vor Ort werden Betriebsräte von Betriebs- und Geschäftsführungen geradezu gemobbt. 60 Jahre Betriebsverfassung ist deshalb zuallererst ein Grund, den Betriebsräten ein Wort des Dankes und der Unterstützung für ihr Engagement zu sagen", so AfA- und DGB-Kreisvorsitzender Teubert, der selbst als Betriebsratsvorsitzender fungiert.

Die Entwicklung der modernen Betriebsverfassung war ein langer Prozess. Das erste Betriebsverfassungsgesetz von 1952 war in vielen Punkten unzulänglich, den Betriebsräten mangelte es an echten Mitbestimmungsrechten. Es dauerte 20 Jahre, bis unter der sozialdemokratischen Bundesregierung Willy Brandts eine grundlegende Stärkung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Betrieben erfolgte. Erstmals erhielten die Betriebsräte Mitbestimmungsrechte bei der Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsabläufen. Die Mitbestimmungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen wurden deutlich ausgebaut, ebenso die Mitbestimmung bei sozialen Angelegenheiten. Willy Brandts Leitmotiv „Mehr Demokratie wagen“ wurde so auch in den Betrieben umgesetzt.

2001 war es wieder eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung, die das Betriebsverfassungsgesetz neuen Entwicklungen anpasste. Durch die Vereinfachung des Wahlrechtes in kleinen Betrieben sollten die Voraussetzungen für die Bildung von mehr Betriebsräten geschaffen werden. Zudem wurden die beschäftigungsrelevanten Beteiligungsrechte des Betriebsrates einschließlich eines neuen Initiativ- und Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates bei Beschäftigungssicherung und Qualifizierung gestärkt.

"Die stetigen Änderungen in Arbeitswelt und Wirtschaft machen auch aktuell die Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung notwendig.", fordert Teubert für die SPD-Arbeitnehmerschaft. Insbesondere die massive Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse erfordert zusätzliche echte Mitbestimmungsrechte. Beispielsweise ist die Mitbestimmung der Betriebsräte über Umfang und Dauer von Leiharbeit im Betrieb überfällig.

Noch immer gibt es auch in unserer Region zu viele Beschäftigte ohne betriebliche Interessenvertretung. "60 Jahre nach der ersten Betriebsverfassung muss heute vor allem das Signal gesetzt werden, dass die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf gleicher Augenhöhe eine zentrale Voraussetzung sowohl wirtschaftlichen Erfolges als auch der weiteren Demokratisierung der Wirtschaft ist.", betonte Sozialdemokrat und Gewerkschafter Teubert.