Öffentliche Daseinsvorsorge darf kein Geschäft werden

Jürgen Humer, Geschäftsführer der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Bezirk Weser-Ems, hat vor der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) im SPD-Kreisverband Verden vor Bestrebungen der EU-Kommission gewarnt, öffentliche Dienstleistungen stärker dem wirtschaftlichen Wettbewerb auszusetzen.

Jürgen Humer, Geschäftsführer der ver.di Weser-Ems, war zu Gast bei der AfA.

"Wenn die Privatwirtschaft bei Trinkwasser, Müll und Verkehrswegebau mitmischt, drohen den Verbrauchern höhere Kosten bei geringerer Qualität. Gleichzeitig geraten die Arbeitsbedingungen unter Druck und die Kommuen verlieren weitere Zuständigkeiten.", warnte Humer in der vom AfA-Kreisvorsitzenden Dietmar Teubert moderierten Veranstaltung der SPD-Arbeitnehmerorganisation.

Dies könne drohen, so ver.di-Experte Jürgen Humer in seinem Vortrag vor der AfA, wenn sich die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag zu Dienstleistungskonzessionen durchsetzt und damit öffentliche Dienstleistungen dem Wettbewerb aussetze. Das geplante Regelwerk sei derzeit noch in den Beratungen und soll noch in diesem Jahr vom EU-Parlament beschlossen werden. Für Gewerkschafter Humer bestehe die konkrete Gefahr, das soziale, ökologische und qualitative Standards unter Druck geraten werden, wenn künftig auch private Anbieter um das risikoarme Geschäft mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen buhlen. Deshalb lehnen der DGB und ver.di den EU-Richtlinienvorschlag zur Konzessionsvergabe entschieden ab. Nach Ansicht Humers würden höhere Kosten und mindere Qualität für die VerbraucherInnen, schlechtere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten sowie der Verlust kommunaler Handlungsspielräume drohen.

Die viel beschworenen Rechtsunsicherheiten, die von der EU-Kommission als Hauptgrund für die neuen Richtlinien genannt werden, gibt es nach Ansicht Humers nicht. Schließlich habe der Europäische Gerichtshof in vielen Urteilen längst entschieden, dass zentrale Grundsätze des EU-Primärrechts wie Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit auch für Dienstleistungskonzessionen gelten. Auch öffentliche Auftraggeber müssen sich demnach längst an europarechtliche Grundsätze halten.

Rechtssicherheit sei vielmehr für existenzsichernde Tarifverträge nötig, forderte Jürgen Humer unter Beifall. Es müsse klargestellt werden, dass sie weiterhin Bestand haben und nicht unterlaufen werden können. Außerdem darf die Möglichkeit, soziale Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorschreiben zu können, nicht weiter eingeschränkt werden. Die Kommunen müssen deshalb auch künftig ihr verfassungsrechtlich verankertes Recht auf kommunale Selbstverwaltung behalten, um öffentliche Daseinsvorsorge gestalten und kontrollieren zu können.

Dazu zählt auch, so AfA-Kreisvorsitzender und Verdens SPD-Ratsherr Dietmar Teubert ergänzend, dass Direktvergaben und die interkommunale Zusammenarbeit nicht eingeschränkt werden dürfen. Schließlich werde ein handlungsfähiger Staat benötigt und soziale Grundrechte dürfen nicht den EU-Marktfreiheiten geopfert werden, betonte Teubert.