
Dabei setzt die Kreis-SPD auf ein neues Familienprogramm, zu dem eine Reform des Kindergeldes, ein Rechtsanspruch auf Ganztagsangebote bis 2020, ein Mindestlohn, eine Neuregelung von Elternzeit und Elterngeld sowie die bessere Vereinbarung von Beruf und Pflege und die finanzielle Unterstützung der Städte und Gemeinden durch den Landkreis Verden bei den Betriebskosten für die Kinderbetreuungseinrichtungen ab 2013 gehört.
Gwendolin Jungblut sprach den hiesigen Sozialdemokraten aus dem Herzen, als sie in ihrer Rede den Ausbau der Infrastruktur für Bildung und Betreuung forderte. Aber auch bei der materiellen Sicherung müsse die SPD ansetzen, erklärte die Kreisvorsitzende. Sie nannte es falsch, dass momentan Wohlhabende über den Kinderfreibetrag deutlich mehr als Geringverdiener über das Kindergeld profitieren würden. Auch sei der ergänzende Kinderzuschlag, der dazu beitragen soll, dass Familien nicht in die Grundsicherung abrutschen, vielen unbekannt und höchst kompliziert zu beantragen. Als Folge würden bundesweit fast 600.000 Kinder in verdeckter Armut aufwachsen.
Verdens SPD-Chef Gerard-Otto Dyck informierte auf der Konferenz darüber, dass auf dem jüngsten SPD-Landesparteitag in Oldenburg einmal mehr verdeutlicht worden sei, dass auch das Bildungs- und Betreuungssystem in Niedersachsen immer noch nicht so gut sei, dass alle Kinder die Chancen bekommen, die sie verdienen und Eltern ihren Beruf mit der Familie besser vereinbaren können. "Nicht die Familien müssen arbeitsfreundlicher werden, sondern die Arbeitswelt muss endlich familienfreundlicher werden", stellte Dyck vor den Teilnehmern aus dem gesamten Landkreis Verden fest und stellte dazu zahlreiche Verbesserungsvorschläge vor. So müssten beispielsweise die Elternzeit partnerschaftlich weiterentwickelt und Teilzeitmodelle gefördert werden.
Als ein noch immer vorhandenes gesellschaftliches Tabuthema bezeichnete die SPD-Kreisvorsitzende in der anschließenden Debatte die Pflege von Angehörigen. Gerade für Frauen sei dieses Thema wichtig, so Jungblut,
denn viele rutschen von der Betreuung der Kinder direkt in die Betreuung der Eltern. Hier habe die SPD konkrete Vorschläge erarbeitet. So müsse die bisher unbezahlte zehntägige berufliche Freistellung, die ein Beschäftigter nehmen kann, um die Pflege eines Angehörigen zu organisieren, mit einer Lohnersatzleistung ähnlich dem Krankengeld ausgestattet werden. Weiter schlug Jungblut ein flexibles Zeitbudget von sechs Monaten vor, damit der Freistellungsanspruch so flexibel gestaltet werden kann, dass er auch in mehreren Zeitabständen genommen werden kann. Auch bei diesem Budget müssen die Einbußen des Pflegenden abgefedert und eine Lohnersatzleistung eingeführt werden, sagte die SPD-Kreisvorsitzende.
Die Sozialdemokraten waren sich in Achim einig, dass sie für ehrgeizige familienpolitische Ziele stehen. Doch ihre Vorstellungen seien kein Wunschkonzept, sondern durchaus finanzierbar, betonte Jungblut. Sie verwies abschließend darauf, dass dazu ein neues Finanzkonzept nötig sei. Dieses müsse neben Subventionsabbau auch auf eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes setzen. Ferner müsse die SPD das von CDU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehene Betreuungsgeld verhindern, sagte Jungblut unter starkem Beifall. Angesichts der Tatsache, dass in den Städten und Gemeinden des Landkreises Verden allerorten in den Kommunen das Geld für den Krippen- und Kita-Ausbau fehlt, werde mit dem umstrittenen Betreuungsgeld ein negativer Anreiz geschaffen, um Kinder aus den Betreuungseinrichtungen fernzuhalten. Damit bestünde ein hohes Risiko, dass insbesondere Kindern aus sogenannten "bildungsfernen Schichten" eine frühkindliche Bildung vorenthalten würde. "Unser Verständnis von Chancengerechtigkeit gebietet es", so Jungblut, "dass wir diesen familienpolitischen Irrsinn verhindern."