Haben sich die drei Kreistagsfraktionen der benannten Parteien in eine derart enge Umklammerung begeben, dass zwischen ihnen keine politische Streit- und Debattenkultur im Kreistag mehr möglich sein wird? Bleibt kein Raum mehr für politische Vorstöße und Initiativen, die von Werten und Überzeugungen getragen werden, die gerade die Unterschiedlichkeit zwischen den Parteien ausmachen?
An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen, dass SPD, Grüne und CDU keinen detaillierten, seitenlangen und tonnenschweren Koalitionsvertrag getroffen haben. Die Vereinbarung ähnelt eher einer übersichtlichen Absprache, die die Bereiche Haushaltskonsolidierung, Aller-Weser-Klinik, Bildung und Energiekonzept umfasst. Hier haben sich die drei Fraktionen auf gemeinsame Ziele verständigt. Ansonsten wird im Kreistag eine Arbeit mit wechselnden Mehrheiten möglich und nötig sein. Denn die unterschiedliche Vorstellungen und Traditionen der erwähnten Parteien würden ein minutiöses politisches Komplettprogramm, das alle drei bei jeder anstehenden Entscheidung auf ein gemeinsames Vorgehen verpflichtet, gar nicht zulassen. Die politischen Ziele der SPD im Landkreis Verden sind in unserem Wahlprogramm nachzulesen. Und dort sind -unter anderem im Hinblick auf die Themen, Arbeit, Wirtschaft, Seniorenfreundlichkeit, Bürgerbeteiligung und Integration- Ideen und Vorhaben aufgeführt, die nicht in der gemeinsamen Vereinbarung festgelegt sind. Hier wird es darauf ankommen, dass wir im Kreistag jeweils mit den politischen Kräften zusammenarbeiten, mit denen wir unsere Ideen am besten umsetzen können.
Wir brauchen Prinzipien, um mit anderen Kräften zusammenarbeiten zu können und klare Überzeugungen, die uns von Ihnen unterscheiden. Wir hätten kaum eine Vereinbarung mit anderen Parteien entworfen und unterschrieben, wenn diese mit unseren Wertvorstellungen unvereinbar wäre. Was aber ist dagegen zu sagen, wenn wir uns gemeinsam mit anderen für einen Abbau der Gesamtverschuldung, Kreishaushalte ohne Neuverschuldung und das dauerhafte Ziel einer finanziellen Entlastung der Gemeinden verständigen? Was spricht gegen ein Bekenntnis zur Sicherung der Krankenhausstandorte Achim und Verden? Umso mehr als die SPD auf allen Ebene dafür eintritt, dass wesentliche Teile der Daseinsvorsorge in kommunaler Hand verbleiben? Was spricht gegen die Erarbeitung eines gemeinsamen klima- und energiepolitischen Konzepts?
Es geht auf einen Vorstoß der SPD zurück, dass sich alle Fraktionen verpflichten, Elternbefragung auf gesetzlicher Grundlage zur Schaffung weiterer Schulangebote als verbindlich anzusehen. Und wir sind stolz darauf, dass wir die Fraktion der Grünen als Partner gewinnen konnten, die gemeinsam mit uns an der Verwirklichung der beschriebenen Ziele arbeiten.
Darüber hinaus wird sich die Unterscheidbarkeit zwischen den Parteien auch im Hinblick auf die regionalen Themen bemerkbar machen, die im Zusammenhang mit der Landespolitik stehen. Die nach wie vor unzureichende Förderung des Krippenausbaus durch das Land, verbunden mit der unlängst bekanntgewordenen Streichung der Betriebkostenzuschüsse für die Kommunen in Höhe von 20 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren werden -neben vielen anderen Themen- auch vor Ort die politische Auseinandersetzung befördern. Also keine Angst: wir Sozialdemokraten werden schon im eigenen Interesse dafür Sorge tragen, dass wir uns von anderen Parteien unterscheiden.